Wenn die Stimmung Achterbahn fährt
Bei der bipolaren Störung handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die durch extreme Schwankungen von Stimmung und Antrieb gekennzeichnet ist. Diese Schwankungen treten phasenhaft auf, Häufigkeit und Dauer der einzelnen Phasen sind sehr unterschiedlich. Der Betroffene pendelt zwischen niedergeschlagener Stimmung, Ideen- und Interesseverlust und Antriebslosigkeit („depressive Phase“) einerseits und gereizter oder euphorischer, überschwänglicher Stimmungslage, wenig Schlafbedarf und gesteigertem Antrieb („manische Phase“) andererseits hin und her, ohne dies willentlich beeinflussen zu können. Dazwischen können auch Phasen mit ausgeglichener Stimmung und normaler Antriebslage auftreten. Das wechselnde Aktivitäts- und Belastungsniveau und die damit einhergehenden Stimmungsschwankungen führen dazu, dass keine kontinuierliche Leistungsfähigkeit abrufbar ist. Vor allem persönliche Beziehungen leiden häufig unter der mit der Symptomatik einhergehenden Unberechenbarkeit. Nicht selten kommt es zum Verlust des Arbeitsplatzes und der auch soziale Halt in der Familie geht verloren.
Mögliche Ursachen
Die bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, bei deren Entstehung und Auftreten genetische Faktoren eine wesentliche Rolle spielen, die letztlich zu einer Fehlfunktion von hirneigenen Stoffwechselvorgängen führen. Bei dieser Erkrankung sind lebensgeschichtliche Faktoren weniger relevant, gleichwohl man heute gemäß dem „Stress-Vulnerabilitäts-Modell“ davon ausgeht, dass besondere Belastungsfaktoren, z.B. ein hohes Stress-Erleben in einer Prüfungsphase zu, Erstmailgen Auftreten von Symptomen führen können. Entscheidend ist eine dauerhafte Stimmungsstabilisierung durch bestimmte Medikamente, sog. Phasenprophylaktika. Darüber hinaus kann sich die medikamentöse Therapie je nach Ausprägung der aktuellen Phase unterscheiden.
Maßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten
Je nach Schweregrad kann bei einer akuten depressiven oder manischen Phase zunächst ein stationärer Krankenhausaufenthalt nötig sein. Allerdings bestehen nach Abklingen der akuten Symptome nicht selten Funktionseinschränkungen wie Antriebsminderung, Müdigkeit, dauerhafte Einschränkung der Hirnleistungsfähigkeit und reduzierte Belastbarkeit fort, die eine Rückkehr in das gewohnte Leben erschweren. In solchen Fällen ist eine Rehabilitation nach einem akut-stationären Krankenhausaufenthalt sinnvoll, wie sie in unserem Hause angeboten wird. Die Rehabilitation kann in stationärem oder ambulantem Setting erfolgen.
Für die oft langwierige Behandlung nach der akuten Phase hat sich eine kombinierte Behandlungsstrategie mit Medikamenten und psychotherapeutischen Verfahren als wirksam erwiesen. Als dritte therapeutische Säule zeigte sich die sogenannte „Sozio-“ oder „Milieu-Therapie“, d.h. ein gesundheitsförderliches soziales Umfeld, wie z.B. eine therapeutische Wohngruppe.
Perspektiven für die Betroffenen
Verständnis für die eigene Erkrankung zu gewinnen, die Zusammenhänge von Symptomen, hirneigenen Stoffwechselvorgängen und Behandlungsansätzen zu erfassen und daraus Verhaltensempfehlungen abzuleiten, ist Ziel der sogenannten Psychoedukation. Eine wichtige Rolle spielt auch das Erkennen von Frühwarnzeichen und der eigenen Belastungsgrenzen. Individuell erarbeitete Bewältigungsstrategien können bei der Verarbeitung von Stress-Erleben und anderen Belastungssituationen helfen.
Um eine langfristige psychische Stabilität zu erreichen, kann letztlich auch eine der Erkrankung und den Funktionseinschränkungen angepasste Lebens- und Zukunftsplanung erforderlich sein. In beruflicher Hinsicht gibt es viele Möglichkeiten, die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern, z.B. mit einer unterstützten Ausbildung oder einer Umschulung zu einem leidensgerechten Beruf. Bei der Alltagsbewältigung wird z. B. durch Betreutes Einzelwohnen (BEW) Unterstützung angeboten. Eine Therapeutischen Wohngruppe bietet noch umfassendere Begleitung und zudem die Vorteile einer sozialen Gemeinschaft.